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Mira Zawrzykraj

Montag 27. Mai 2019

Influencer Marketing: Braucht die Branche einen code of conduct?

Die Beeinflussung von Meinungen ist nichts Neues – bereits in den 1940er Jahren untersuchten Lazarsfeld und Katz den persönlichen Einfluss auf die Meinungsbildung. Früher nannten wir die Beeinflusser Opinion Leader, heute heissen sie Influencer.

DIE BEEINFLUSSUNG VON MEINUNGEN IST NICHTS NEUES – BEREITS IN DEN 1940ER JAHREN UNTERSUCHTEN LAZARSFELD UND KATZ DEN PERSÖNLICHEN EINFLUSS AUF DIE MEINUNGSBILDUNG. FRÜHER NANNTEN WIR DIE BEEINFLUSSER OPINION LEADER, HEUTE HEISSEN SIE INFLUENCER.
 

WAS BRINGEN INFLUENCER?

Konsumverhaltensforschungen zeigen auf, dass der Konsument bei der Wahl eines Produktes Informationen sucht. Selten fällt ein Produkt direkt in den Warenkorb. Sogar bei einer Blitzentscheidung informiert sich der Kunde wenigstens über den Rohstoff. Die Meinung Dritter hat bei der Kaufentscheidung einen grossen Einfluss. Man könnte von einer Weiterführung sprechen: Kundenbewertung next Level durch Influencer. Dank der grossen Konkurrenz und der Fülle an Marken und Waren können Influencer die Sucharbeit vorleisten und das weite Internet filtern. Orientierungshilfe ist das Stichwort. Studien zeigen auf, dass Frauen mehr als Männer recherchieren. Ebenso Menschen, die grossen Wert auf Stil und Image legen (Quelle Solomon). Dies spielt verschiedenen Branchen in die Hände. Auffällig viele Fashion- & Travel-Marken arbeiten mit Influencern zusammen. Um Begehrlichkeiten zu wecken, setzen sie auf neue Kommunikations-Strategien. Das grosse Problem daran: fehlende Strategien.

VOR LAUTER INFLUENCERN DEN WALD NICHT MEHR SEHEN

Influencer Marketing hat sich im letzten Jahr professionalisiert. Der Wettlauf um Visibilität und Aufmerksamkeit um jeden Preis hat sich in Richtung Business – inkl. ROI – gewendet und Influencer haben sich zu «Content Creators» gewandelt. Egal ob Seitens Auftraggeber oder Influencer, die Phase ist noch nicht vorbei. Gerade heutzutage, in einer Welt, die von Fake News und Informationsüberfluss auf allen Social-Media-Kanälen überflutet wird, bedarf es eines Umdenkens. Qualität geht vor Quantität – Reichweite allein macht einen Influencer nicht aus. Im Gegenteil, Micro- oder Nano-Influencer scheinen der neue heilige Gral der Influencer-Strategien zu sein: die Zusammenarbeit mit ihnen fällt leichter und ihre Aktionen lösen in ihrer Community eine direkte Handlung aus. In keinem Fall zu vergessen ist die Strategie hinter jeder Zusammenarbeit: Ziele sollen mit differenziertem Content erreicht werden. Gerade bei den Zielen scheitern aber viele Kampagnen. Sowohl Auftraggeber als auch Influencer vergessen oftmals, sich Gedanken um ihre Zielgruppe zu machen. Die erfolgreichsten Kampagnen berücksichtigen Unternehmens- und Marketing-Ziele und integrieren Influencer Marketing im ganzen Kommunikations-Mix.

EINE ZERRÜTTETE INFLUENCER-LANDSCHAFT

Fehlende Briefings, fehlendes Budget, fehlende Backlinks – Jeder möchte mitmischen und Influencer ausnutzen. Aber ein Post alleine löst keinen Kaufreiz aus. «Fehlende Strategien seitens Auftraggeber haben das heutige Imageproblem des Influencer-Marketings gezüchtet». Einen generellen Code of Conduct bräuchte es dementsprechend hauptsächlich seitens Auftraggeber. Ein Qualitätsmerkmal gilt es für die Branche zu schaffen, und nicht Influencer zu beschuldigen. Bisher gibt es ungeschriebene Verhaltensrichtlinien bezüglich den Hinweisen auf Werbung. Aber diese werden nicht reichen, um die Disziplin (wieder) auf den richtigen Weg zu schicken. Vielmehr gilt es, Influencer-Strategien zu überdenken und Briefings zu optimieren. Inkl. dem Hinweis und der Verpflichtung sämtliche Inhalte zu kennzeichnen. Eine kürzlich in Deutschland erschienene Studie (BVDW) weist darauf hin, dass jüngere Menschen sich nicht daran stören, Werbung bei Influencern zu konsumieren, so lange diese klar markiert ist. Ein Anzeichen dafür, dass Konsumenten nicht müde werden, Influencer-Werbung zu sehen. Aber das Wie steht klar im Vordergrund. Deswegen sind Auftraggeber dazu angehalten, die Anforderungen ihrer Kampagnen zu überdenken und entsprechende Mediabudgets in der Planung zu berücksichtigen.

QUO VADIS?

Influencer Marketing bedeutet, sich mit Markenwerten und Zielen auseinander zu setzen und die richtigen Botschafter für die Verbreitung zu finden. Eine Strategie zu entwickeln bedeutet Brandfit und Datafit müssen stimmen, ein Kriterium alleine reicht nicht aus. Die richtige Auswahl ist essentiell, nur so können Botschaften glaubwürdig kommuniziert werden. Wer ist meine Zielgruppe? Wem folgt sie? Auf was reagiert sie? Entscheidende Fragen, die es zu beantworten gilt. Vor allem können gute Kampagnen nicht einfach Copy Paste angewendet werden. Inspiration ist gut, aber auffallen wird man durch Content, welcher bei der Zielgruppe Relevanz auslöst. Nicht zu vergessen: Diversität. Die Auswahl der Influencer muss den Werten eines Unternehmens entsprechen, und sie nicht nur für einen Single Post vorleben. Wenn eine Marke für Diversität steht, darf die Kampagne nicht aus lauter gleich aussehenden Menschen bestehen. Gewisse Branchen wie z.B. Uhren und Travel leben noch stark von der Einförmigkeit. Nicht die Influencer sind die Zielgruppe, sondern deren Audienz … Robert Levenhagen, Chief Executive of InfluencerDB betont: “You can’t buy your way to the top!” Die erfolgreichsten Strategien berücksichtigen verschiedene Merkmale des Influencer-Einflusses. Intelligent konsolidiert schafft man organisches Wachstum und organischen Medienwert. Ausnahmsweise macht es die Luxusbranche einmal nicht vor. Eine Untersuchung des EMV (earned media value) durch InfluencerDB zeigt, dass nur eine Premiummarke es unter die Top 20 schafft.

INFLUENCER WERDEN CROSSMEDIAL

Der Trend geht Richtung crossmediale Nutzung. «Content ist nicht King, Content ist Relevanz!» Auftraggeber nutzen Influencer neben Postings auch für ihre Owned Media Channels, auf Events oder anderen Plattformen. Nur so werden Werbebotschaften vervielfacht und erreichen Konsumenten über diverse Touchpoints.

DAS INSTAGRAM-PHÄNOMEN

Die Disziplin ist im Moment zu stark von Instagram abhängig. Bereits jetzt gilt es bei einer Kampagne darauf zu achten, Postings zu bestärken indem Influencer-Beiträge beworben werden. Dies gibt anderen Plattformen die Möglichkeit, an Wichtigkeit zu gewinnen. Pinterest, YouToube und LinkedIn werden den Markt wiederbeleben. Zeitgleich beeinflusst Instagram das Kaufverhalten indem es zu einer Social Commerce Plattform wird. Kaufen und (künftiger) Checkout in der App vereinfachen das Shoppen. Für Auftraggeber und Influencer bedeutet dies «neue» Honorar-Modelle. Denn endlich kommen Performance-Bezahlmodelle zum Zug, z.B. CPC (Cost-per-Conversion).

LONG-TERM BEFORE SHORT-TERM

Einmal ist kein Mal … Viel zu viele Influencer Kampagnen verpuffen nach kurzer Zeit. Um Markenbotschaften zu stärken, bedarf es glaubhafter Wiederholung. Im Interesse von allen Beteiligten sollen langfristige Influencer-Verträge die Basis für eine Zusammenarbeit bilden und zunehmen. Die so gewonnene Glaubwürdigkeit stärkt die Dreiecksbeziehung Marke-Influencer-Community.

Schlusswort: Influencer Marketing ist noch lange nicht tot. Es wird uns noch überraschen. «Ein Code of Conduct kann die Branche in die gewünschte Richtung versetzen. Der Code of Conduct soll aber nicht Influencer massregeln, sondern Auftraggeber.» Und eine saubere Basis für alle schaffen.